Neurogene Dysphagie
Dysphagien gehören zu den häufigsten und zugleich gefährlichsten Symptomen vieler neurologischer Erkrankungen. Besonders häufig ist ein Schlaganfall der Grund für eine Schluckstörung: in der Akutphase sind mindestens 50 % der Patient:innen von Schluckstörungen nach einem Schlaganfall betroffen. Nach 6 Monaten weisen noch gut 10 % eine Schluckstörung auf – mit Folgen für ihren Ernährungszustand: eine Mera-Analyse zeigt: die Prävalenz von Mangelernährung beträgt in der hyperakuten Phase 19 %, in der frühen subakuten Phase bis zu 37 % und in der chronischen Phase 30 %. Daneben können Dysphagien im Verlauf progredienter Erkrankungen wie Demenz, Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose auftreten, bei rasch fortschreitenden Erkrankungen wie Chorea Huntington oder Amyotrophe Lateralsklerose entwickeln nahezu alle Betroffenen im weiteren Krankheitsverlauf eine Dysphagie.
Tumorbedingte Dysphagie, Kopf-Hals-Tumor
Für Patient:innen mit einem Kopf-Hals-Karzinom stellt die Nahrungsaufnahme oftmals eine Herausforderung dar. Je nach Tumorgrösse, Lokalisation, Therapieform und Dauer seit Ende der Therapie leiden bis zu 71 % der Betroffenen an Schluckstörungen, wodurch Essgewohnheiten umgestellt oder verändert werden müssen. Dies kann zu einem zum Teil erheblichen Gewichtsverlust bei bis zu 80 % der Betroffenen führen.
Presbyphagie beziehungsweise altersbedingte Dysphagie
Dass Muskulatur im Alter abnimmt, ist ein ganz normaler Vorgang und betrifft auch die Schluckmuskulatur. Dazu kommt eine nachlassende Elastizität des Bindegewebes, eine Abnahme der Speichelproduktion sowie der Geruchs- und Geschmacksempfindung. Diese Veränderungen passieren sehr langsam, können meist sehr gut ausgeglichen werden und benötigen keine Behandlung (sogenannte primäre Presbyphagie). Durch eine zusätzliche Erkrankung wie ein Harnwegsinfekt oder ein Ereignis wie eine Fraktur kann sich eine sogenannte sekundäre Presbyphagie entwickeln, da die geringen Reserven, die zur Verfügung stehen, aufgebraucht werden – es kann zu einer Dysphagie mit starken Einschränkungen kommen.
Davon betroffen sind fast 14 % aller älteren Menschen, die ein unabhängiges Leben führen, etwa 30 % der Menschen, die zuhause von einem Pflegedienst versorgt werden, mehr als 50 % der Menschen, die in einer Pflegeeinrichtung leben und ca. 70 % aller im Krankenhaus behandelten geriatrischer Patient:innen. Im Hinblick auf den demographischen Wandel kommt der Schluckstörung im Alter im klinischen Alltag eine wachsende Bedeutung zu.
Ältere Menschen mit Schluckstörungen sind häufig unterernährt mit den kritischen Konsequenzen einer reduzierten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und letztlich einer Zunahme ihrer Gebrechlichkeit – und damit dem Risiko des Verlusts ihrer Selbstständigkeit.
Screening auf eine Mangelernährung
Dysphagie gilt als zentraler Risikofaktor für eine Mangelernährung ist, weshalb bei Betroffenen oder Gefährdeten stets der allgemeine Ernährungszustand beobachtet werden sollte. Für die Identifizierung etwaiger Ernährungsdefizite stehen verschiedene Screening-Verfahren wie das Malnutrition Universal Screening Tool (MUST) für Erwachsene zur Verfügung.